Wolfram-Manfred Lippe,
``Hybride Systeme ''


In den letzten dreißig Jahren wurde eine Reihe von Konzepten zur Informationsverarbeitung entwickelt, die sich an biologischen Vorbildern orientieren. Hierzu gehören vor allem

- Künstliche Neuronale Netze

Aufbauend auf den grundlegenden Arbeiten von McCulloch, Pitts, Rosenblatt und anderen, sind hier inzwischen verschiedene, teilweise sehr unterschiedliche, Modelle entstanden. Allen Modellen gemeinsam ist ein Netz einfacher Knoten, den Neuronen, zusammen mit einer Lernregel, die es dem Netz ermöglichen, sich selbständig - in Abhängigkeit von präsentierten Trainingsdaten - zu modifizieren. Dieses Training mit Beispieldaten wird so lange durchgeführt, bis das Netz über gewünschte Eigenschaften verfügt. Neben der Modellbildung für biologische und medizinische Untersuchungen finden Künstliche Neuronale Netze inzwischen eine breite kommerzielle Anwendung, vor allem in Bereichen, wie Mustererkennung, Klassifikation oder Prozeßsteuerung.

- Genetische Algorithmen

Genetische Algorithmen sind stochastische Such- und Optimierungsverfahren, die ihre Motivation aus ihrer Ähnlichkeit zu den Prozessen der biologischen Evolution beziehen. Wie beim biologischen Vorbild gibt es zu jedem Zeitpunkt eine Population von "Individuen", wobei dem Individuum über eine Güte- oder Fitneß-Funktion ein Güte- oder Fitneßgrad in bezug auf die zu optimierende Zielfunktion zugeordnet wird. Ziel der genetischen Algorithmen ist es, im Verlauf des Verfahrens immer bessere Individuen (Individuen mit besserer Fitneß) zu erzeugen. Die Erzeugung neuer Individuen geschieht dadurch, daß die besten Individuen über einen stochastischen Auswahlprozess proportional zu ihrer relativen Fitneß zur Bildung von Nachkommen selektiert werden. Da das Konzept der genetischen Algorithmen relativ neu ist - nach ersten Ansätzen von Vogel, Owens und Walsh 1996, erfolgte eine systematischere Untersuchung erst ab Ende der siebziger Jahre - sind hier kommerzielle Einsätze erst in neuester Zeit zu beobachten.

- Fuzzy-Logik

Fuzzy-Logik wurde ab Mitte der sechziger Jahre von L. Zadeh entwickelt. Es kann als eine Verallgemeinerung der klassischen Logik aufgefaßt werden. Sie dient zur Modellierung unscharfen Wissens, wie sie auch in der menschlichen Ausdrucksweise verwendet wird. Man kann mit ihr linguistische Terme, wie "fast", "klein", "mittel", "groß" oder "ziemlich" modellieren. Die praktische Anwendung findet sich vor allem in der Prozeßsteuerung in Form von Fuzzy-Controllern. Hierbei handelt es sich um eine Weiterentwicklung von klassischen Controllern unter Verwendung von unscharfen Regeln. In neuerer Zeit sind diese zunächst unabhängigen Konzepte zunehmend zusammengewachsen. Aber auch z. B. bei Künstlichen Neuronalen Netzen findet man immer mehr Systeme, die aus einer Kombination unterschiedlicher Modelle bestehen. Derartige Kombinationen bezeichnet man als "Hybride Systeme". In dem Vortrag werden zunächst die unterschiedlichen Konzepte vorgestellt und insbesondere ihre typischen Eigenschaften (Vor- und Nachteile) analysiert. Danach werden die prinzipiellen Kombinationsmöglichkeiten und der Stand der aktuellen Forschungen auf diesem Gebiet präsentiert. Beispielhaft wird anschließend etwas detaillierter auf die Optimierung von Parametern bei einem speziellen Backpropagation-Verfahren (Kombination von Momentum-Variante und Delta-Bar-Delta-Regel) mit Hilfe eines Fuzzy-Controllers bzw. auf die Optimierung von Fuzzy-Controllern mittels Neuronaler Netze eingegangen.

Schliesse Fenster wieder!


Holger Koch, 4. August 1998